Spuren von 137Cs in der Luft in Europa nach Bränden in der Sperrzone von Tschernobyl im September 2024
In der Gegend von Tschernobyl kam es in der Vergangenheit verschiedentlich zu Wald- und Flurbränden.
Im April 2020 brachen in der Ukraine mehrere grosse Waldbrände aus, die bis in die Nähe des ehemaligen Kernkraftwerks Tschernobyl reichten (siehe die unten verlinkte Publikation von Masson et al., 2021). Diese Region ist seit dem Unfall von 1986 stark mit Cäsium-137 kontaminiert. Diese Brände führen zur Freisetzung dieses radioaktiven Cäsiumisotops in die Atmosphäre.
Nach grosser Trockenheit im Norden der Ukraine, brachen kürzlich erneut Brände in der Sperrzone von Tschernobyl aus. Ende August wurden Brandherde etwa 50 bis 65 km westlich des Kraftwerks festgestellt. Am 3. September waren mehrere dieser Brände durch Überwachungssatelliten sichtbar. Unter dem Einfluss eines Hochdruckgebiets zogen die Rauchwolken zunächst nach Westen in Richtung der Ukraine und dann weiter nach Polen, Skandinavien und weite Teile Nordeuropas. Ab dem 12. September führten Regenfälle im Norden der Ukraine zu einer deutlichen Abschwächung der Brandintensität.
In der Schweiz wurden während der Sammelperiode vom 16. bis 23. September in allen sechs Stationen für Hochvolumen-Aerosolsammler (CERN-Genf, Güttingen, Cadenazzo, Liebefeld, Klingnau und Posieux) geringe Aktivitäten dieses Radionuklids gemessen. Die Werte lagen zwischen 0.2 und 0.9 MikroBq/m³. Die maximalen Konzentrationen von Cäsium-137, die in der Schweiz üblicherweise gemessen werden, schwanken je nach Station zwischen 1 und 2 MikroBq/m³, aber die Konzentrationen liegen in den HVS-Stationen nördlich der Alpen sehr oft unter den Nachweisgrenzen, ausser im Winter. Auch wenn die diesen September gemessenen Konzentrationen tief sind, deutet die Tatsache, dass Cäsium-137 gleichzeitig in allen Schweizer Stationen nachgewiesen wurde, auf einen zusätzlichen Eintrag hin, der von den Bränden in der Region Tschernobyl stammen kann.
Das vom BAG betriebene Netz von Hochvolumen-Aerosolsammlern (HVS) ermöglicht den Nachweis sehr geringer Spuren von Radioaktivität in der Luft in der Schweiz. Derzeit sind sechs Stationen in Betrieb. Nach einer siebentägigen Expositionszeit, die dem routinemässigen Rhythmus entspricht, werden die Aerosolfilter ins Labor geschickt und dort analysiert. Die Ergebnisse werden anschliessend auf der Plattform www.radenviro.ch veröffentlicht.
- Das «Institut de Radioprotection et de Sûreté Nucléaire» (IRSN) veröffentlichte am 27.09.2024 einen sehr detaillierten Artikel zur Überwachung dieser Kontamination in Europa (Link).
- Der folgende wissenschaftliche Artikel wurde 2020 zu den Waldbränden von Tschernobyl und der daraus resultierenden Verbreitung von Cäsium-137 in Europa veröffentlicht:
Masson et al., 2021. Europe-Wide Atmospheric Radionuclide Dispersion by Unprecedented Wildfires in the Chernobyl Exclusion Zone, April 2020. Environ Sci Technol, 13834-13848